Das digitale Leben hält tatsächlich für jeden Stümper ein passendes Werkzeug bereit. Der eine läd seine verwackelten Webcamvideos bei youtube hoch oder bastelt sich einen tollen fotostream bei picasa oder wat, der nächste hackt Texte in das x-te blog, das keiner ließt, und noch andere machen pixelkunst. Zwei Dinge daran sind positiv zu bewerten: Erstens ist das alles nichts Neues und zweitens ist jeder Wünstler, der nicht zum Casting ins Fernsehen (DSDSLMAA) geht, ein wahrer Wünstler!
Wenden wir uns nach dieser geschmackvollen Einleitung also einem Werkzeug zu, das nicht nur glücklich, sondern auch schön und erfolgreich macht. renoise ist eine moderne Digital Audio Workstation (DAW) im Stile der Pioniere der softwaregestützen Musikproduktion. Kernstück ist heute wie damals ein von-oben-nach-unten laufendes Tabellendokument, in dem einzelne Tonereignisse eingetragen sind. Doch die Tabelle ist im 21. Jahrhundert angekommen, einzelne Tonspuren können zu Gruppen zusammen gefasst werden, ein "Pattern Matrix Editor" macht das ausprobieren neuer Songstrukturen einfach und intuitiv. Tonsignale können mit einer breiten Palette von Effekten belegt und wie in der guten alten Trackerzeit mit Textbefehlen in der Tabelle bearbeitet werden. Das gesamte Bedienkonzept ist auf schnelle Tastaturarbeit ausgelegt, was mir als altem Konsolenjunkie sehr gefällt. renoise arbeitet mit VSTis zusammen und besitzt einen excellenten Sampleeditor. Es gibt die Möglichkeit, das Programm zu erweitern (es gibt eine API, die mit Lua scriptbar ist), was bereits zu zahlreichen, ausgereiften tools geführt hat. Und hat man eine Frage zur Musik, eine nerdige Technikfrage oder möchte sich über neue Musik informieren, so ist das Forum eine super Anlaufstelle mit lauter hilfsbereiten und kompetenten Nutzern. Was der Spaß kostet? Zunächst gibt es eine kostenlose Demoversion, mit der man den fertigen Song zwar nicht als .wav exportieren kann, die einen jedoch nicht in den kreativen Möglichkeiten einschränkt. Eine Vollversion kostet zur Zeit 58€+MwSt, man erhält eine Lizenz für einen vollen Versionsnummersprung. Doch es ist unnötig, alle Möglichkeiten und Vorteile von renoise im Detail aufzuzählen, findet sich doch hier eine vollständige featurelist. Geneigter Leser, klingt Dir das alles nicht überzeugend genug? Warum überhaupt diese Werbung für ein proprietäres Softwareprodukt, wo es doch auch so viele andere tolle und proprietäre Musikprogramme auf dem internationalen Markt gibt?
Ganz einfach. Irgendwann bin ich auf Linux umgestiegen. Dann habe ich angefangen, Musik zu produzieren. Das war sehr mühselig, bis ich auf renoise gestoßen bin. renoise ist läuffähig sowohl unter Windows und OSX als auch unter Linux. Ich bin dabei geblieben.
Musizieren ist ein Handwerk, wie fast alles im Leben. Und der geheimnisvolle und mystische Zugang zum Leben ist Übung. Man wählt sich ein Werkzeug, akzeptiert es mit seinen Stärken und Schwächen, lernt es kennen, lernt es schätzen, versenkt sich darin, man übt den Umgang mit diesem Werkzeug, man verbessert sich und sein Werkzeug und man lebt. Eine Musiksoftware will genauso ausgesucht werden wie eine Gitarre, eine Trompete oder eine Violine. Und wenn es einem beim Schaffensakt unterstützt, um so besser. Wenn es einen blockiert, dann eben weg damit. Aber diese persönliche Erfahrung muss jeder selber machen. Mir macht renoise Spaß. Probiert es doch einmal aus!
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